Erzen Shkololli: The Bride

Text zur Präsentation im »Denkzeichen 4. November 1989«, Leuchtkasten auf dem Berliner Alexanderplatz, 4. August bis 3. November

Erzen Shkololli - einer der jüngsten und interessantesten Künstler, die noch im Kosovo aktiv sind - arbeitet mit lokalen Ritualen und Folklore. Seine Objekte bestehen aus Wolle und anderen Stoffen, Stücken von Nationaltrachten und Flaggen, die er zu Patchworks und Installationen neu zusammenfügt. Shkololli verhält sich wie eine Art intuitiver, subjektiver Anthropologe: Er spielt traditionelle Zeremonien nach, lässt dabei aber die Symbole und Desillusionen unserer Zeit mit einfließen. Es ist dieses Oszillieren zwischen Vergangenheit und Gegenwart, das seine Kunst zu einem typischen Beispiel dafür macht, was es heißt, heute auf dem Balkan zu arbeiten: Wir leiden an einer tragischen Form von ideologischem Strabismus, verloren zwischen Tradition und Modernität, Erinnerung und Hoffnung, Freiheit und Tod. (...)

In einem ... Projekt mit dem Titel »Die Braut« wendet Shkololli sich dem Thema Hochzeit zu. Er benutzt das traditionelle weiße Hochzeitskleid und den Schleier, der das Gesicht der Braut bedeckt sowie das Diadem über dem Schleier. Die »Krönung« der geheimnisvollen Braut mit der kosovarischen Nachkriegsrealität produziert einen seltsamen, surrealen Effekt. Indem diese Braut allein auftritt, und indem sie als himmlische Erscheinung an den Orten des Verbrechens, aber auch in anderer Umgebung sichtbar wird, sendet sie zweierlei Botschaften aus: einerseits die der Reinheit (Unschuld), andererseits die der Unwahrscheinlichkeit einer Verständigung zwischen Vergangenheit und Zukunft, denn »ihr Auserwählter« wie auch ihr »Schicksal« fehlen im Bild.

Aus dem Katalogtext von Edi Muka zur Ausstellung »Beautiful Strangers« Albanische Kunst, ifa-Galerie Berlin, 2001

Übersetzung aus dem Englischen: Olga Radetzkaja

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© Text: Edi muka
Webpräsentation:
uinic - Pat Binder, Gerhard Haupt

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Denkzeichen 4. November 1989